1,5 Grad - das ist doch nicht so viel!

1,5 Grad

Geht es um das Thema Klimawandel, wird meist in diesem Kontext vom 1,5 Grad oder dem 2 Grad Ziel gesprochen. Warum allerdings Klimawandel der falsche Begriff ist und warum die Zahl 1,5 Grad oft nicht ernst genommen wird und vielleicht auch nicht passend ist, darum geht es in diesem Artikel.

Der Begriff Klimawandel

Der Begriff "Klimawandel" klingt zunächst einfach nach einer Veränderung des Klimas. Wie ein Kulturwandel bspw. eines Unternehmens. Es verändert sich etwas, das wird auch nicht ganz leicht, aber danach ist es vielleicht sogar besser. Dieser Begriff der "einfachen" Veränderung des Klimas ist daher sehr irreführend. Er drückt nicht das gravierende Ausmaß der Veränderungen aus, die auf uns zukommen und auch nicht den zeitlichen Druck, der herrscht. Daher wird mittlerweile oft von Klimakrise oder Klimakatastrophe gesprochen. Auch diese Begriffe werden zum Teil kritisierst und manchmal gar von Panikmache gesprochen. Doch die Medien oder Personen, die von Panikmache sprechen, haben sich scheinbar mit diesem Thema meist noch nicht oder nicht ausreichend beschäftigt.

Einen sehr anschaulichen Beitrag haben nachhaltig.kritisch und Treibhauspost zu dem Thema auf Instagram veröffentlicht.¹

 

1,5 Grad - das ist doch nicht so viel!

Wird von einer Erderwärmung von 1,5 Grad gesprochen oder gar von 2 oder bis zu 3 Grad, so wird diese Zahl oftmals nicht ernst genommen. Viele Personen denken bei Gradzahlen an das Wetter im Sommer oder vielleicht gar beim Backen oder in der Sauna. Ob es jetzt im Sommer 31,5 statt 30 Grad werden. Who cares? Esse ich eben ein Eis mehr. Ob der Ofen auf 200 oder 201,5 Grad aufgeheizt ist. Scheißegal. Ob die Sauna 75 Grad hat oder 76,5. Schwitzen werde ich ja so oder so. Klingt doch alles nicht wirklich nach einem großen Unterschied. Was soll der ganze Aufstand?

Warum aber ist denn dann 1,5 Grad beim globalen Temperaturanstieg so entscheidend?

Beim 1,5 Grad oder auch beim 2 Grad Ziel etc. geht man von der Abweichung der globalen Durchschnittstemperatur im Vergleich zur Durchschnittstemperatur vor Beginn der Industrialisierung aus. Da wissenschaftlich ausführlich bewiesen ist, dass der rasante Temperaturanstieg menschengemacht ist und vor allem seit Beginn der Industrialisierung auftritt, wird das Jahr 1850 als Referenzwert genommen. Das 1,5 Grad "Ziel" - es ist natürlich kein wirkliches Ziel, sondern selbst das sollte eigentlich verhindert werden - heißt also, dass die globale Durchschnittstemperatur beim Erreichen des "Ziels" 1,5 Grad über der globalen Durchschnittstemperatur von 1850 liegt.

Im Jahr 2023 liegt die globale Durchschnittstemperatur bereits mehr als ein Grad über der Temperatur der vorindustriellen Zeit.² Auch 1,5 Grad Erwärmung wird bereits eine Vielzahl an Folgen mit sich bringen. Extremwetterereignisse werden zunehmen, Städte, Häuser, Felder öfter überschwemmen oder austrocknen und somit u. a. Ernten schlechter ausfallen. Dadurch steigt die Gefahr von Nahrungsmittelknappheit und führt zu Flucht von Menschen aus nicht mehr bewohnbaren Gegenden, die besonders oft im globalen Süden liegen.

Je höher die Temperatur steigt, umso mehr Extremereignisse finden statt. Je mehr die Temperatur steigt, umso höher das Risiko sogenannter Kipppunkte. Punkte in unserem Ökosystem, die nicht mehr umgekehrt werden können und zu einem weiteren und schnelleren Anstieg führen, der selbst bei Nullemissionen des Menschen nicht mehr aufgehalten werden kann. Es wird von Forschenden in der Regel von 16 Kipppunkten gesprochen, dazu zählen u. a. das Grönländische Eisschild, der Amazonas Regenwald oder die Atlantikzirkulation. Mehr zum Thema Kipppunkte findet ihr bald in einem separaten Artikel.

Warum jetzt aber genau 1,5 Grad?

Um die Folgen des globalen Temperaturanstiegs abschätzen zu können, wurden Studien und Modellrechnungen erstellt. Dabei wurde festgestellt, dass mit der Überschreitung der Zwei-Grad-Grenze Kipppunkte erreicht werden, die weitere Konsequenzen nach sich ziehen würden, die unumkehrbar wären und deren Folgen nur schwer abschätzbar wären.³ Selbst mit Einhaltung der Zwei-Grad-Grenze würde die Gletscherschmelze und der Anstieg des Meeresspiegels jedoch weiter voranschreiten. Daher spricht man oftmals von einer Grenze zwischen "gefährlichem" und "sehr gefährlichem" Klimawandel.⁴ Da es diese feste Grenze von "wir haben ein riesiges Problem" und "wir können weiter machen wie bisher" nicht gibt, sondern fließend verläuft, hat man sich 2015 bei der Klimakonferenz in Paris darauf geeignet, die Erderwärmung auf "deutlich unter" zwei Grad zu begrenzen. Da „in einigen Regionen und vulnerablen Ökosystemen sogar bei einer Erwärmung um mehr als 1,5 °C hohe Risiken projiziert werden“, war das Ziel, die "Verteidigungslinie so weit wie möglich nach unten zu drücken“.²

Was passiert bei 1,5 Grad?

Um einen groben Eindruck zu bekommen, was der Unterschied zwischen dem 1,5 Grad und dem 2 Grad Ziel ist, hier ein paar Zahlen von klima.neutral grafisch übersichtlich dargestellt.⁵

 

Zusammenfassung

1,5 Grad Erderwärmung klingt nicht nach besonders viel, doch es birgt im Zusammenhang mit unserem Ökosystem bereits eine Vielzahl an Risiken. Wichtig zu verstehen ist, dass 1,5 Grad nicht mal nur zu einem etwas wärmeren Winter führt, sondern bereits etliche Auswirkungen wie eine Zunahme der Häufigkeit von Hitze, Dürre und Überschwemmungen mit sich führt. Dabei sind die Auswirkungen bei 1,5 Grad allerdings noch erheblich geringer als bei einem Anstieg der globalen Durchschnittstemperatur um 2 Grad oder mehr. Entscheidend ist, dass wir uns bewusst machen, dass jedes zehntel Grad Erderwärmung zu mehr Naturkatastrophen führen wird.

Quellen

  1. https://www.instagram.com/p/CnloqXRM0g5/; abgerufen am 12.05.2023
  2. https://www.de-ipcc.de/media/content/SR1.5-FAQs_de_barrierefrei.pdf; abgerufen am 12.05.2023
  3. https://link.springer.com/content/pdf/10.1007/s10113-010-0190-9.pdf; abgerufen am 12.05.2023
  4. https://royalsocietypublishing.org/doi/10.1098/rsta.2010.0290; abgerufen am 12.05.2023
  5. https://www.instagram.com/p/ClrBtrqMjAi/; abgerufen am 12.05.2023

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